Donnerstag, 24. September 2009

Skandale in Deutschland

Die Väter...
...von Panorama sind Rüdiger Proske und Gert von Paczensky. Nach Vorbild einer damaligen BBC-Sendung ziehen sie "ihr" Magazin auf. Sie wollen gegen den Strom schwimmen. Panorama wird in der Adenauer-Ära zu einer ständigen Provokation des bürgerlich-konservativen Lagers. "Nun wollen wir uns wieder ein wenig mit der Bundesregierung anlegen", moderiert Paczensky einen Beitrag an.

Die Skandale...
...bleiben bei der Brisanz mancher Themen nicht aus. Schon 1969 gibt es eine Sondersendung in der ARD zu einem "Streit um Panorama". Politiker von CDU/CSU protestieren gegen kritische Sendungen und drohen, den NDR-Staatsvertrag zu kündigen.

1974 tritt Alice Schwarzer an die Redaktion heran. Mitten in der aufgeheizten Debatte um den Abtreibungs-Paragraphen. Sie macht einen sachlichen Film über eine damals moderne Abtreibungs-Methode. In letzter Minute nehmen die Programmchefs der ARD den Beitrag aus der Sendung. Am Abend startet Panorama. Damals pünktlich nach der Tagesschau. Aber ohne den Moderator - aus Protest.

Im Jahr 1978 kündigt die CDU-Landesregierung in Schleswig-Holstein, und wenig später die niedersächsische CDU-Landesregierung, tatsächlich den NDR-Staatsvertrag. Grund: die kritische Berichterstattung über das Kernkraftwerk Brokdorf. An vorderster Front: Panorama. Die Existenz des NDR ist unmittelbar bedroht.

Nach zähen Verhandlungen wird zwei Jahre später ein neuer Staatsvertrag ausgehandelt, mit mehr Autonomie für die Landesrundfunkanstalten.

Berühmt wird Stefan Aust 1982 mit dem "Verschwundenen Film". Aust hat einen Verfassungsschützer, der eine eigene Terrortruppe aufbauen will, porträtiert. Der Beitrag wird, wie damals üblich, vom Autor anmoderiert - aber der Film ist verschwunden. Entsetzen bundesweit! Am nächsten Tag wird aus den Filmresten ein Rekonstrukt gezeigt - in einer ARD-Sondersendung. Das Original taucht nie wieder auf - bis heute nicht.

Für massiven Ärger sorgt 1988 der Film "Suff in Bonn" über die Alkoholabhängigkeit von Politikern. Kuno Haberbusch hat recherchiert. 1993 trifft er wieder den Nerv - und deckt angebliche Verstrickungen von Oskar Lafontaine im Rotlichtmilieu auf. Ein Interview verweigert der Saarländer, verhindert aber mit Hilfe eines Anwalts die Ausstrahlung des Berichts. Die einstweilige Verfügung trifft ganze zwei Minuten vor der Sendung ein. Wieder ein Film, der nie gesendet wird. Damals prägt Lafontaine den Ausdruck "Schweinejournalismus" - er meint damit die kritischen Rechercheure von Panorama.

Im April 1998 schließlich entzieht die Telekom nach einem kritischen Panorama-Bericht der ARD alle Werbeaufträge. Doch der NDR lässt sich nicht einschüchtern. Zwei Monate später erteilte die Telekom wieder Aufträge.

Die Filme...
...entwickeln sich rasch. Die Macher der ersten Stunde sind meist Zeitungsleute, keine Filmemacher. Ihre Beiträge sind dominiert von langen Interviews, chaotischen Grafiken und abgefilmten Fotografien.

Aber dann fangen sie an zu experimentieren. Inspiriert vom "jungen deutschen Film". Sie sorgen dafür, dass Panorama nicht ein trockenes Magazin ist, sondern erstklassige und provozierende Bilder zeigt. Und zwar auch solche, die auf den ersten Blick nichts mit Politik zu tun haben. Etwa in "Küche - ein Beitrag zum Muttertag" von 1962. Nicht zu überhören: In den 60ern sind bei Panorama einige Jazzfreaks am Werk.

Jahre später machen sich zwei Chronisten auf die Suche nach solchen Perlen der Fernsehgeschichte. Sie entdecken manches nur noch im Fundus des - DDR-Fernsehens! Dort wurde übereifrig archiviert, was der "Klassenfeind" im NDR schon längst gelöscht hatte.

Die Macher...
... prägen im Laufe der Jahre den Stil von Panorama. Namen wie Peter Merseburger, Peter Gatter oder Stefan Aust - ehemaliger Panorama-Reporter und langjähriger Chefredakteur des Spiegel - werden zum Inbegriff für unbestechlichen, kritischen Journalismus. Der Preis: ständig den politischen Mühlrädern ausgesetzt zu sein.

Diesem Gegenwind stellen sich zur Zeit Stephan Wels als Leiter der Sendung und Anja Reschke als Moderatorin. Beider Credo: pointiert, engagiert, nicht berechenbar - kritisch nach allen

kostenloser Counter
Poker Blog

Weblog counter

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen